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Andreas

Das 11. Sanktionspaket - Zentrale Elemente und Implikationen für Finanzinstitute

Das 11. EU-Sanktionspaket wurde am 23. Juni 2023 vom Rat angenommen. Die verschärften restriktiven Maßnahmen verfolgen zwei zentrale Ziele. Zum einen, eine den aktuellen Entwicklungen angepasste Verschärfung der Sanktionslage. Zum anderen, die Schaffung eines Instrumentariums, um Sanktionsumgehungen zu bekämpfen. Der nachfolgende Beitrag geht auf die zentralen Elemente des 11. Sanktionspaketes ein und benennt Implikationen, die für ein Finanzinstitut aufkommen.


Zu den zentralen Elementen des Sanktionspaketes zählen:


Handelsbezogene Restriktionen

  • Neues Instrument zur Bekämpfung der Umgehung von Sanktionen: Damit kann die EU den Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr bestimmter sanktionierter Güter und Technologien an bestimmte Drittländer einschränken, in deren Rechtsordnung ein anhaltendes und besonders hohes Umgehungsrisiko besteht. Dieses Instrument kann angewendet werden, wenn Einzelmaßnahmen und Vermittlungsansätze mit den betroffenen Drittländern nicht ausreichen, um eine Umgehung zu verhindern. Das Instrument wird aktuell (30.06.2023) nicht angewendet.

  • Ausweitung des Durchfuhrverbots für bestimmte sensible Güter (z. B. Spitzentechnologie, luftfahrtbezogene Materialien), die aus der EU über Russland in Drittländer ausgeführt werden.

  • Aufnahme von 87 neuen Organisationen in die Liste derjenigen, die den militärischen und industriellen Komplex Russlands in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine direkt unterstützen. Für sie gelten verschärfte Ausfuhrbeschränkungen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck und Spitzentechnologie. Zusätzlich zu den bereits aufgelisteten russischen und iranischen Unternehmen sind nun auch Unternehmen mit Sitz in China, Usbekistan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Syrien und Armenien betroffen.

  • Beschränkung der Ausfuhr weiterer 15 Technologiegüter, die auf dem Kriegsgebiet in der Ukraine gefunden wurden. Umfasst sind auch Ausrüstungen, die zur Herstellung dieser Güter benötigt werden.

  • Verschärfung der Einfuhrbeschränkungen für Eisen- und Stahlerzeugnisse, indem von Importeuren sanktionierter Eisen- und Stahlerzeugnisse, die in einem Drittland verarbeitet wurden, der Nachweis verlangt wird, dass die verwendeten Vormaterialien nicht aus Russland stammen.

  • Verbot des Verkaufs, der Lizenzvergabe, der Übertragung oder der Weitergabe von Rechten an geistigem Eigentum und Geschäftsgeheimnissen, die im Zusammenhang mit Restriktionen unterliegenden Güter verwendet werden, um zu verhindern, dass die sanktionierten Waren einfach außerhalb der EU hergestellt werden.

  • Ausweitung des Ausfuhrverbots für Luxusautos auf alle Neu- und Gebrauchtwagen ab einer bestimmten Motorgröße (> 1.900 cm³) sowie auf alle Elektro- und Hybridfahrzeuge.

  • Ein vollständiges Verbot für bestimmte Arten von Maschinenteilen.

  • Vereinfachung der Struktur des Anhangs (Annex) über gewerbliche Waren durch Auflistung der Waren, für die Beschränkungen gelten, in einem einzigen Abschnitt und durch umfassendere Warendefinitionen, um die Waren, für die Ausfuhrverbote gelten, besser zu identifizieren und die Umgehung von Sanktionen durch falsche Einstufung zu verringern.

  • Ausweitung der Verbote für Finanzinstitute (Finanzierungen im Zusammenhang mit dem Verkauf oder Lieferung von bestimmten Gütern nach Russland)


Verkehrsbezogenen Restriktionen

  • Ein vollständiges Verbot für Lastkraftwagen mit russischen Anhängern und Sattelanhängern, Waren in die EU zu befördern. Damit wird die Umgehung des Verbots für russische Güterkraftverkehrsunternehmen, Waren innerhalb der EU zu befördern, unterbunden.

  • Verbot des Zugangs zu EU-Häfen für Schiffe, die an Schiff-zu-Schiff-Transfers beteiligt sind, die im Verdacht stehen, gegen das russische Ölimportverbot oder die Preisobergrenze für G7-Kohle zu verstoßen.

  • Verbot des Zugangs zu EU-Häfen für Schiffe, die die zuständige Behörde nicht mindestens 48 Stunden im Voraus über einen Schiff-zu-Schiff-Transfer innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone eines Mitgliedstaates oder innerhalb von 12 Seemeilen ab der Basislinie der Küste dieses Mitgliedstaates informieren.

  • Verbot des Zugangs zu EU-Häfen für Schiffe, die ihr Navigationsverfolgungssystem manipulieren oder abschalten, wenn sie russisches Öl transportieren, das unter das Ölimportverbot oder die G7-Preisobergrenze fällt.


Energiebezogenen Restriktionen

  • Ende der Möglichkeit für Deutschland und Polen, russisches Öl über Pipelines einzuführen.

  • Einführung strenger und sehr gezielter Ausnahmen von den bestehenden Ausfuhrverboten, um die Aufrechterhaltung der CPC-Pipeline (Caspian Pipeline Consortium) zu ermöglichen, über die kasachisches Öl durch Russland in die EU transportiert wird.

  • Verlängerung der Ausnahme von der Ölpreisobergrenze für Sachalin-Öl für Japan (bis 31. März 2024).


Zusätzliche Listungen

  • Über 100 weitere Personen und Einrichtungen, deren Vermögenswerte eingefroren werden.

  • Hierzu gehören hochrangige Militärs; Entscheidungsträger im Krieg; Personen, die an der illegalen Deportation ukrainischer Kinder nach Russland beteiligt waren; Richter, die politisch motivierte Entscheidungen gegen ukrainische Bürger getroffen haben; Personen, die für die Plünderung von Kulturerbe verantwortlich sind, Geschäftsleute, Propagandisten sowie russische IT-Unternehmen; die dem russischen Geheimdienst kritische Technologie und Software zur Verfügung stellen; Banken, die in den besetzten Gebieten tätig sind, und Einrichtungen; die mit den russischen Streitkräften zusammenarbeiten.


Sonstige Restriktionen

  • Ausweitung des Medienverbots auf 5 weitere TV-Kanäle.

  • Zusätzliche Bestimmungen über Informationsaustausch und Berichterstattung.

  • Einfügung einer vorübergehenden Ausnahmeregelung, um die Erbringung verbotener Dienstleistungen zu ermöglichen, die für die Veräußerung russischer Unternehmen aus der EU rechtlich erforderlich sind.


Aus den vorgenannten Maßnahmen ergeben sich für ein Finanzinstitut diverse Implikationen, die nachfolgend knapp und nicht abschließend behandelt werden.


  • Es ist weiterhin eine permanente Überwachung der Sanktionslage durch Compliance erforderlich, u.a. um eine mögliche Nutzung des Instruments zur Bekämpfung von Sanktionsumgehungen zu berücksichtigen.

  • Marktbereiche und weitere betroffene Stellen, u.a. der Bereich Recht, sind über aktuelle Entwicklungen informiert zu halten und ggf. zu sensibilisieren.

  • Im Zuge weiterer Verschärfungen im Zusammenhang mit Ausfuhrbeschränkungen für Organisationen, restriktiven Maßnahmen zu weiteren Gütern, einer Ausweitung des Verbots von bestimmten Finanzhilfen hat Compliance für eine Sensibilisierung der betroffenen Stellen Sorge zu tragen und ggf. zusätzliche Sicherungsmaßnahmen in Form von Prüfroutinen zu etablieren.


Nützliche Hintergrundinformationen und Links


Weitere Einzelheiten zu den erlassenen restriktiven Maßnahmen der EU finden sich unter den folgenden Links:

Fragen und Antworten zum 11. EU-Sanktionspaket: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/qanda_23_3449


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