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Andreas

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) im Schnellüberblick

Aktualisiert: 29. März 2023

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) beschäftigt aktuell zahlreiche Institute und ist Gegenstand von diversen Austauschrunden zwischen Compliance-Einheiten, Kanzleien oder Beratungshäusern. Nachfolgend findet sich deshalb ein schneller Überblick über Hintergrund, Maßnahmenbedarf und praktische Umsetzungshilfen, welcher auch als Basis für einen weiteren Austausch im Forum dienen kann.


1) Historie

Der Bundestag beschloss das LkSG am 11. Juni 2021. Zielsetzung ist der Schutz von Menschenrechten und Ökologie durch Vorgaben für einen verantwortungsvollen Umgang mit Lieferketten. Das Gesetz findet seit dem 01. Januar 2023 Anwendung.

2) Kreis der Verpflichteten

Das LkSG gilt für in Deutschland ansässige Unternehmen und Unternehmen mit einer Zweigniederlassung gemäß § 13 d HGB mit mind. 3.000 Beschäftigten. Ab dem 01. Januar 2024 sinkt die Schwelle auf 1.000 Beschäftigte.

Zu beachten ist, dass sich der Anwendungsbereich nach §2 Abs. 6 LkSG auch auf Auslandsniederlassungen und konzernangehörige Gesellschaften gelten kann.

3) Anforderungen

Das LkSG erweitert den Verantwortungsbereich der Verpflichteten hinsichtlich ihrer Lieferketten. Eine Lieferkette im Sinne dieses Gesetzes bezieht sich nach §2 Abs. 5 LkSG auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens und umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind. Es werden Anforderungen an Sorgfaltspflichten (§3), das Risikomanagement (§4), eine Risikoanalyse (§5), Präventionsmaßnahmen (§6), Abhilfemaßnahmen (§7), Beschwerdeverfahren (§8) und Dokumentations- sowie Berichtspflichten (§10) gestellt.

Hierbei wird auf sämtliche Produkte und Dienstleistungen des Verpflichteten und damit verbundener Maßnahmen abgestellt. Dies gilt für die eigene Geschäftstätigkeit des Verpflichteten als auch die damit verbundenen direkten und indirekten Zulieferer.

Die Einhaltung des Gesetzes wird durch das BAFA überwacht. Im Falle von Zuwiderhandlungen können Zwangsgelder von bis zu 50.000 EUR erhoben werden. Ferner gelten Bußgeldvorschriften, welche bestimmte Fehlverhalten als Ordnungswidrigkeit einstufen und mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 EUR geahndet werden können. Im Falle von Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 400 Mio. EUR pro Jahr kann die Geldbuße bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes betragen.

4) Maßnahmen aus Sicht eines Finanzinstituts

Ausgehend von den unter 3) genannten Anforderungen lassen sich aus Sicht eines Finanzinstituts diverse Maßnahmen ergreifen. Nachfolgend werden wesentliche nicht abschließende Maßnahmen genannt:

  • Abgabe einer Grundsatzerklärung der Unternehmensleitung zur Strategie, Menschenrechte einzuhalten. Hierbei sind die Verfahren, Risiken und Erwartungen an Beschäftigte und Zulieferer in der Lieferkette zu benennen. Als Beispiel lässt sich eine entsprechende Erklärung der VW AG heranziehen: Wirtschaft und Menschenrechte (volkswagenag.com)

  • Etablierung einer zentralen Stelle zur Überwachung der mit dem LkSG verbundenen Pflichten. Hierzu sind Verantwortlichkeiten zu definieren, die Schriftgutordnung um entsprechende Vorgaben zu ergänzen, Anforderungen an anzuwendende Sorgfaltspflichten vorzugeben und Überwachungsmaßnahmen einzurichten. Ferner gilt es, ein Schulungskonzept zu erstellen und Anforderungen an die Datenablage und Berichtspflichten zu definieren.

  • Festlegung von Präventionsmaßnahmen betreffend der Menschenrechtsstrategie, einer risikominimierenden Beschaffungsstrategie, der Einführung von Kontrollmaßnahmen und der Umsetzung des Schulungskonzeptes. Hinsichtlich der Präventionsmaßnahmen gegenüber der direkten Zulieferer sind menschenrechtliche und ökologische Kriterien bei der Anbieterauswahl sowie vertragsrechtliche Standards zur Beachtung und Kontrolle vorgenannter Kriterien durchzusetzen.

  • Vorgabe von Dokumentations- und Berichtspflichten. Die umgesetzten Maßnahmen sind zu dokumentieren und im Internet zu veröffentlichen. Im Rahmen der Berichterstattungspflicht ist das BAFA jährlich zu informieren.

  • Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens. Es ist ein Beschwerdeverfahren zu definieren und kenntlich gegenüber den eigenen Mitarbeitern und Dritten zu machen. Anforderungen betreffend der Vertraulichkeit der Informationen und des Schutzes des Hinweisgebers sind zu beachten.

5) Umsetzungshilfen

Um Unternehmen bei der Umsetzung der Anforderungen aus dem LkSG zu unterstützen, finden sich auf Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales diverse Umsetzungshilfen. Diese werden regelmäßig überarbeitet und ggf. erweitert. Nachfolgend findet sich ein Überblick über hilfreiche Seiten:

6) Fazit

Die Anforderungen des LkSG gehen weit über eine Absichtserklärung hinaus, bergen nicht unerhebliche Haftungsrisiken und erfordern Maßnahmen auf der Strategie-, Prozess- und Applikationsebene. Diese Maßnahmen unterliegen einer gewissen Dynamik, sind sie doch unter dem Blickwinkel der Wirksamkeit regelmäßig zu bewerten und ggf. anzupassen. Hierbei schuldet das Institut keinen Erfolg, muss jedoch aufzeigen können, dass angemessene Maßnahmen ergriffen wurden. Die Frage der Angemessenheit wird vom Gesetzgeber nicht abschließend definiert und bietet mithin Interpretationsspielraum. Ein Austausch mit den Peers eines Verpflichteten oder mit Dritten, welche einen entsprechenden Marktüberblick bieten, ist deshalb empfehlenswert.


Aufgrund der neuen Anforderungen haben Verpflichtete zusätzliche Ressourcen für die Umsetzung und laufende Durchführung von Maßnahmen vorzuhalten. Die hierbei zum Einsatz kommende risikobasierte Methodik und die zu ergreifenden Maßnahmen sind Finanzinstituten grundsätzlich mit Blick auf bestehende Sicherungsmaßnahmen, beispielsweise in der Erstellung der Compliance-Risikoanalyse oder im KYC-Prozess, geläufig. Eine Einbettung der Maßnahmen in das bestehende Compliance-Management-System ist damit eine naheliegende Konsequenz.

55 Ansichten1 Kommentar

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1 Comment


hartmut.renz
Mar 27, 2023

Tolle Zusammenfassung eines komplexen Themas. Danke dafür!

Hatte mich mit diesem Thema unter dem Blickwinkel Einhaltung von ISO Standards entlang der Lieferkette beschäftigt, um dieses Thema risikobasiert, effektiv als auch effizient umsetzen zu können. Herzliche Grüße, Hartmut Renz 

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Beitrag: Blog2_Post
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