top of page
Andreas

Kriminalisierung des KYC-Prozesses. Maßnahmen gegen zu viel Transparenz.

Aktualisiert: 30. Juni 2023

Ohne eine transparente und nachvollziehbare Geschäftsbeziehung lässt sich der Know-your-Customer (KYC) Prozess bekanntlich nicht abschließen. Es gibt diverse Gründe, weshalb die Überprüfung eines Geschäftspartners und des dahinterstehenden Geschäftes ins Stocken geraten kann.


Möglich ist eine mangelnde Bereitschaft des angehenden Vertragspartners, erforderliche Unterlagen und Informationen, wie z.B. Organigramme, Sonderregelungen zu Stimmrechten oder eine plausible Darlegung der geplanten Mittelverwendung, bereitzustellen.


Zudem erschwert eine mangelnde Verlässlichkeit von Quelldaten, wie z.B. dem Handelsregister, oder komplexe Gesellschaftsformen, die Durchschau auf den Geschäftspartner und etwaiger wirtschaftlich Berechtige.


Geschäftsabschlüsse in Ländern, in denen aufgrund der Gegebenheiten vor Ort nur ein bedingter Zugang zum Geschäftspartner und dessen Marktumfeld besteht, erfordern ebenfalls mitunter Hilfsmaßnahmen, um Geschäftspartnerdaten zu verifizieren und das angenommene geschäftsspezifische Risiko zu bestätigen.


In diesen und weiteren Fällen kann es erforderlich und ratsam sein, externe Dienstleister für Due Diligence-Maßnahmen heranzuziehen, um einen fremden oder intransparenten Markt oder bestimmte Akteure zu „durchleuchten“. Hierbei können offizielle aber auch inoffizielle Informationsquellen herangezogen werden, um beispielweise Eigentümerstrukturen und ggf. Verbindungen zur Politik aufzuzeigen. Ein probates Mittel sind u.a. Interviews mit Insidern, die Einschätzungen zu faktischen Beherrschungssituationen oder politischer Verstrickungen abgeben.


Diese Dienstleistungen sind nicht in jedem Land gerne gesehen, wie ein Bericht der Financial Times aus dem Mai 2023 zeigt. So kam es in Beijing, China, zu Hausdurchsuchungen beim US-Unternehmen Mintz in March. Es folgte Wochen später eine ähnliche Maßnahme in der Shanghaier Niederlassung eines weiteren US-Unternehmens, namentlich Bain.


Angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Spannungen zwischen China und dem Westen, betreffend Handel, einer digitalen Vormachtstellung und Menschenrechte, scheint zu viel Transparenz nicht im Sinne der Entscheidungsträger zu sein. Hierauf zielt das chinesische Anti-Spionage-Gesetz ab, welches u.a. Dokumente und Daten, welche die nationale Sicherheit und Interessen betreffen, umfasst. Aufgrund vager Formulierungen sind nicht unerhebliche Auslegungsspielräume gegeben, die eine Erhebung, Auswertung und Weiterleitung von bestimmten Informationen unter Strafe stellen kann.


Auch in Russland besteht über das Ausländische-Agenten-Gesetz die Möglichkeit, Akteure, welche ausländische Mittel erhalten und „gedruckte, akustische, audiovisuelle oder andere Berichte und Materialien“ veröffentlichen, als ausländische Agenten einzustufen. Mit einer solchen Kennzeichnung geht u.a. die Verpflichtung einher, regelmäßig Bericht zu Finanzen und Aktivitäten zu erstatten. Sollte die zuständige Stelle ein Fehlverhalten feststellen, drohen Bußgelder, Schließungen oder strafrechtliche Konsequenzen.


Vorgenannte Entwicklungen stehen den Bemühungen, Transparenz in potenzielle Geschäftsbeziehungen zu bringen und hierbei auf eine vielfältige und unabhängige Informationsbasis abzustellen, diametral gegenüber. KYC-Maßnahmen werden durch entsprechende Entwicklungen zum Teil kriminalisiert und können dadurch zu einem Risiko für Dienstleister und Auftraggeber werden. Finanzinstitute, welche in den o.g. Umfeldern Geschäfte tätigen, müssen sich diesen Hürden bewusst sein, mit einem deutlich erhöhten Aufwand zur Durchführung des KYC-Prozesses rechnen und ggf. umfangreiche Kosten für die Due Diligence einplanen.


150 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comentários


Beitrag: Blog2_Post
bottom of page